Was kostet Personalsuche über einen professionellen Recruiter? Welche Leistungen darf man erwarten und wie erkennt man Qualität?

Von Anton Treiber

Ursprünglich veröffentlicht im lndustriemagazin 10/2022 

Andreas Landgrebe ist - landläufig gesprochen - ein alter Hase. Er blickt auf eine Laufbahn von 30 Jahren als Personal- und Executive-Search-Berater zurück. Eine Zeit, in der er vielen Karrieren den entscheidenden Anstoß gegeben hat. Im Interview mit dem INDUSTRIEMAGAZIN spricht der Managing Partner von Boyden Global Executive Search gerne in metaphorischen Vergleichen. So auch bei der Frage, an welchem Punkt sich ein Unternehmen an die Vertreter seiner Zunft wenden sollte: „Dann, wenn man die Stecknadel im Heuhaufen sucht." Wenn die Suchparameter komplex, die Qualifikationsansprüche hoch und die Erwartungen an die neue Fach- und Führungskraft groß sind.

Im sich zuspitzenden Kampf um Hochqualifizierte sind Unternehmen zunehmend mit einer Situation konfrontiert, in der sie mit ihrem eigenen Latein am Ende sind, noch bevor eine Vakanz befüllt werden kann. Die Leistungen der Headhunter und Personalberater erfreuen sich daher zunehmender Beliebtheit in den heimischen Unternehmen. Als INDUSTRIEMAGAZIN haben wir daher der Branche auf den Zahn gefühlt. Zu diesem Zweck haben wir folgende Anfrage lanciert: KMU sucht einen Head of Sales mit einem jährlichen Einstiegsgehalt zwischen 120.000 bis 150.000 Euro (alle Details siehe Kasten).

Was kostet Headhunting?

Der Großteil der Angebote, die eingelangt sind, lag in einem Bereich zwischen 25.000 und 39.000 Euro. Das stellt eine beachtliche Bandbreite dar. Andreas Landgrebe nennt als Richtwert für einen fairen Preis einen Prozentsatz von rund 30 Prozent des Jahresbruttoeinkommens. Festhalten lässt sich jedenfalls: Je gehobener der Preis war, desto besser wurden wir persönlich betreut.

Wichtiges Indiz für erwartbare Beratungsqualität ist das Erstgespräch. Jene Unternehmen, die von Anfang an viele Fragen gestellt haben und proaktiv waren, haben sich nachfolgend auch eher gemeldet, um sich nach etwaigen Rückfragen zum Offert oder dem Entscheidungsprozess zu erkundigen.

„Je mehr sich der Headhunter wirklich und intrinsisch interessiert, sowohl für die Person als auch für das Unternehmen, die Dinge wirklich hinterfragt und sich dort hineindenkt, desto besser kann er auch beraten", bestätigt Andreas Landgrebe unseren Eindruck.

,,Einen professionellen Berater erkennen Sie schon daran, dass er nicht nur angenehme Fragen stellt." Andreas Landgrebe, Boyden Global Executive Search

Bereits ab dem Zeitpunkt der Anfrage sollten kritische Punkte angesprochen werden, denn, so Landgrebe, „einen professionellen Berater erkennen Sie schon daran, dass er nicht nur angenehme Fragen stellt". Ein Qualitätskriterium für einen Headhunter ist die Tatsache, dass er seinen Kunden herausfordert. „Der Headhunter ist in dem Fall auch ein Sparringspartner, der den Markt einfach so gut kennen muss, dass er auch dem Kunden plausibel machen kann, ob eine Suche unter dieser Ausrichtung überhaupt Sinn macht oder nicht", verweist der Experte auf die erforderliche Erfahrung und Grundhaltung eines Beraters.

Weiters warnt er vor jenen Anbietern, die innerhalb kürzester Zeit und ohne ein Erstgespräch ein Offert versenden. Dabei stellt man sich zu Recht die Frage, wie das Gegenüber einen ausreichenden Eindruck von den Suchanforderungen oder der Unternehmensstruktur erhalten kann. „Wenn Sie zum Arzt gehen und der gibt eine Diagnose ab, bevor er Sie überhaupt untersucht hat, dann sollte man das mit Vorsicht genießen", bringt es Landgrebe auf den Punkt.

Auf welche Leistungen kommt es an?

Skepsis ist angebracht, wenn Dumpingpreise geboten werden. Wir hätten unseren Head of Sales auch zum Bestpreis von 15.500 Euro besetzen können. Das entspricht etwa der Hälfte des Durchschnitts der übrigen Angebote. Das sollte man nicht, meint zumindest Landgrebe: „Wenn ich eine Rolex für 700 Euro angeboten bekomme, wird das keine echte sein." Es mache einen Unterschied, ob ein Berater ein paar Social-Media-Posts vom Stapel lasse und die Ergebnisse zu einer Shortlist zusammenfasse, oder ob ein Markt seriös gescreent werde, Datenbanken und Kandidatenpools vorhanden seien oder auf wissenschaftlich fundierte Persönlichkeitsanalysen zurückgegriffen werde.

Als Auftraggeber sei es daher unbedingt ratsam, die angebotenen Leistungen in Relation zum Preis zu setzen. Da gleicht - so zumindest unsere Testerfahrung - kein Angebot dem anderen. Auch ist es nicht so, dass automatisch „teurer“ mit „besser“ zu assoziieren ist. In unserem Test hätten wir für 33.750 Euro zumindest am Papier mehr Leistungen erhalten als für 39.000 Euro.

Passiven Ansätzen sollte man als Auftraggeber von Anfang an skeptisch gegenüberstehen. „Wenn ich mich darauf beschränke, dass ich einfach ein paar Lebensläufe über den Zaun werfe und hoffe, dass einer davon picken bleibt, werde ich keine Beziehung aufbauen", so Andreas Landgrebe.

Was von einem Headhunter unbedingt erwartet werden darf, ist eine Direktsuche, also das Gegenteil einer anzeigenbasierten Herangehensweise, bei der die Kandidaten gezielt ausgewählt und angesprochen werden. Inserate werden in erster Linie für den Onlinebereich empfohlen. Bei dieser Dienstleistung sind neben der gemeinsamen Erstellung einer Jobausschreibung auch die Schaltung auf den Plattformen und das Antwortmanagement enthalten.

Häufig vorkommendes Element in den Offerten ist eine sogenannte Target List. Die „Zielfirmenliste“ formuliert jene Unternehmen, in denen der Headhunter einen möglichen Kandidaten vermutet und wo dann möglicherweise auch aktiv abgeworben wird. Eine solche sollte unbedingt vorgelegt werden, denn sonst kann es zu sehr unerfreulichen Situationen kommen mit Unternehmen, mit denen man möglicherweise strategisch kooperiert oder die zum Kreis der Lieferanten oder Kunden gehören.  

Deutliche Schwankungen gab es bei den angebotenen Garantieperioden. Diese lagen zwischen ein und zehn Monaten und definieren jene Phase, innerhalb derer kostenlos ein neuer Kandidat gesucht wird, falls der Dienstvertrag des ursprünglichen aufgelöst wird. Ebenso unterschiedlich waren in unserem Vergleich die Kosten für Zusatzbesetzungen (15 bis 100 Prozent). Das ist jener Anteil des vereinbarten Honorars, der zur Anwendung kommt, wenn der Auftraggeber aus der Liste der vorgeschlagenen Kandidaten noch einen oder mehrerer weitere aufnimmt.

Wie sind wir vorgegangen? 

Wir haben 17 Personalberatungsunternehmen um Offertlegung angefragt. Die gewünschte Leistung: Unser mittelständisches Unternehmen bei der Besetzung der Position ,,Head of Sales“ zu unterstützen. Dabei haben wir eine Gehaltsspanne zwischen 120.000 und 150.000 Euro angegeben. Im Angebot inkludiert sein sollten sämtliche Leistungen von der Erstellung eines Anforderungsprofils über die Suche und Interviews bis hin zur Unterstützung bei Vertragsverhandlungen. Bei der Auswahl der angefragten Headhunter haben wir neben den großen Häusern bewusst auch kleinere Unternehmen berücksichtigt. Für den Vergleich lagen uns letztendlich zwölf Offerte vor. Fünf Headhunter haben es vorgezogen, von der Angebotslegung abzusehen. Aufgrund der Vertraulichkeitsklausel in einer Vielzahl der Angebote haben wir die getesteten Anbieter im Rahmen des Offertvergleichs anonym gehalten.

Was muss der Auftraggeber (vor-) leisten? Andreas Landgrebe erwarte sich keinen Kunden, ,,der schon eine fertige Positionsbeschreibung hat und genau die relevanten Suchmärkte kennt. Das ist Teil meines Dialogs, den ich mit ihm führe." Aber es ist schon Teamwork zwischen Auftraggeber und Headhunter gefragt. Zunächst geht es darum, sich sehr genaue Gedanken zur Vakanz zu machen, um nicht allzu große Iterationsschleifen ziehen zu müssen. Landgrebe formuliert dazu drei ,,W-Fragen": Wo und wie will ich suchen und vor allem wen suche ich?

Einem suchenden Unternehmen muss bewusst sein, dass es mit der Beauftragung eines Personalberaters allein nicht getan ist. „Wir können die Kandidaten zwar an den Tisch bringen, aber überzeugen müssen wir sie gemeinsam", so Andreas Landgrebe.

Wie lange dauert Personalsuche? 

Wer die Besten der Besten für sich gewinnen will, muss auch etwas zu bieten haben. Gerade in der Executive Search geht es im Normalfall darum, jemanden von seinem derzeitigen Arbeitsplatz wegzulocken und für das eigene Unternehmen zu begeistern. „Das sind Leute, die sehr genau abwägen, und wenn die nicht für sich das ,Mehr' sehen in irgendeiner Form, dann kommen die nicht", merkt Landgrebe an. Dieses Plus kann gerade für die Generation Y auch aus einer Vision, aus Compliance oder aus Themen wie Diversity oder Nachhaltigkeit bestehen.

Ein Recruiting mit externer Unterstützung ist im Übrigen eher ein Marathon denn ein Sprint. Den gesamten Prozess bis zur Unterschrift auf dem Dienstvertrag setzt Andreas Landgrebe mit über sechs Monaten an. Von einem Berater darf man erwarten, dass er nach etwa sechs Wochen eine Shortlist vorlegt. Der Rest besteht in der Regel aus Folgegesprächen beim einstellenden Unternehmen und Zeit, die beide Seiten für ihre Entscheidung benötigen.

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