Georg Larch, Managing Partner und Global Co-Leader Interim Management, von Boyden, führt im Interview mit dem Online Medium Springerprofessional.de aus, worauf es bei einem Carve out ankommt und welche Vorteile Interim Management bei der Post-Merger-Integration bietet.

Von Andrea Amerland

Dieses Interview erschien erstmalig online am 28.09.2022 unter dem Titel „Für viele ausgegliederte Unternehmen ist es eine Befreiung“ unter der Rubrik M&A Management bei springerprofessional.de

Abspaltungen oder Fusionen boomen in wirtschaftlich schweren Zeiten. Doch Carve-outs und die Post-Merger-Integration können Manager überfordern. Wie diese die richtigen Entscheidungen treffen und wann sie besser einen Interim Manager ins Boot holen, weiß Georg Larch von Boyden Interim.

Georg Larch, Managing Partner, Boyden Interim Management Deutschland

Springer Professional: In der aktuellen wirtschaftlichen Krisensituation steigt die Zahl der Carve-outs. Wann ist in Unternehmen der Zeitpunkt erreicht, an dem diese Maßnahme unausweichlich ist?

Georg Larch: Den richtigen Zeitpunkt für ein Carve-out zu beurteilen, erfordert Wachsamkeit seitens des Managements und der Eigentümer. Wesentlich ist: Jede Krise bietet zugleich auch Chancen für Unternehmen, wenn sie diese ergreifen und rechtzeitig handeln. Daher sollten CEOs gerade in diesen Zeiten jeden Stein umdrehen und bisher nicht in Betracht gezogene Alternativen prüfen. Ansatzpunkte dafür gibt es viele. So kann es für Unternehmen sinnvoll sein, sich von aktuell nicht strategisch relevanten Unternehmensteilen zu trennen. Gründe dafür können etwa gestiegene Energiekosten in diesen Bereichen sein, möglicherweise passen sie auch nicht mehr in die ESG-Strategie. Wenn der Unternehmensteil, der veräußert werden soll, künftig solitär oder mit einem anderen Partner flexibler und erfolgreicher entwickelt werden kann, ist das ebenfalls ein klares Signal für eine Trennung vom Gesamtunternehmen.

Was sind die häufigsten Motive für die Ausgliederung oder Abspaltung?

Aus Eigentümersicht kann es sich um Renditestreben handeln, das heißt Unternehmensteile, die nicht den Renditevorgaben entsprechen und trotz kontinuierlicher Anstrengungen die gesetzten Ziele nicht erreichen. Die logische Folge wäre dann die Abspaltung, um dem anvisierten Shareholder Value zu entsprechen. Aus Managementsicht kann es auch darum gehen, die Komplexität im Unternehmen zu reduzieren, da bestimmte Bereiche nicht mehr zum Kerngeschäft passen. 

Solche Situationen fallen mir derzeit sehr häufig ins Auge. Wir sehen die Notwendigkeit zur Neuausrichtung und zur Transformation in vielen Bereichen, wenn Unternehmen sich an den Perspektiven der Industrie 5.0 orientieren. Hierbei muss allen Beteiligten klar sein: Die Transformation des strategisch relevanten Bereichs angesichts vieler neuer Wettbewerber wird für die Unternehmen eine große Herausforderung, weil sie mit einem großen Mehraufwand einhergeht. Für viele ausgegliederte Unternehmen ist es jedoch eine Befreiung, wenn sie nicht mehr Teil eines größeren Konglomerats sind und unabhängig erforderliche Entscheidungen zeitnah treffen können oder auch nur eine Konzernumlage nicht mehr bezahlen müssen. In den USA gelten ausgegliederte Unternehmen für viele Investoren als eine sehr interessante Anlageklasse, da diese häufig mit einer besonderen Performance glänzen.

Oft ziehen krisengeschüttelte Unternehmen Berater oder Interim Manager in dieser Situation heran – quasi als Feuerwehrmänner. Was bedeutet das für den Externen, der einen Ausgliederungsprozess oder eine Fusion begleiten soll?

Viele Interim Manager haben bereits Erfahrung in ähnlichen Situationen gesammelt und wissen daher genau, worauf es ankommt. Sie kennen die Dringlichkeit und Konsequenz, mit der die notwendigen Maßnahmen nach dem Kick-off umgesetzt werden müssen. Mit einer klaren Zielformulierung ausgestattet, tun sie sich oft leichter, die anstehenden notwendigen Entscheidungen zu treffen und den Ausgliederungsprozess systematisch und nachhaltig umzusetzen. Sie trauern nicht den oft zitierten "alten Zeiten" hinterher und müssen auch nicht auf ein altes Netzwerk Rücksicht nehmen. Das bedeutet, dass sie sich ausschließlich der Sache widmen können, freier im Handeln sind und zugleich mit mehr Geschwindigkeit agieren können. In unseren letzten Projekten war die Situation so, dass die neuen Geschäftsführer für Carve-outs zu wenig Erfahrung als Stand-Alone-Macher hatten. Sie waren zu stark vom Konzern geprägt. In der Konsequenz haben sie nicht rasch und konsequent genug gehandelt, um das Unternehmen fit für den für kleinere Unternehmen ohne schützende Konzernmutter härteren Überlebenskampf zu machen.

Fusionen und Übernahmen sind aktuell für viele Unternehmen eine Option. Was sind die größten Probleme, denen sich Interim Manager bei der Post-Merger-Integration erfahrungsgemäß stellen müssen?

Eine klare Strategie ist bei der Post-Merger-Integration entscheidender und die Unterstützung des Top-Managements bei deren konsequenter Umsetzung. Alle betroffenen Mitarbeiter müssen schnell über die Ziele der Fusion oder Transaktion und die möglichen Auswirkungen informiert werden – ein wesentlicher Aspekt für die Zielerreichung. In der Praxis hakt es oft in den zwischenmenschlichen Beziehungen. Die Belegschaft rätselt über die tatsächlichen Ziele der Transaktion, Gerüchte tauchen auf und Mitarbeiter entscheiden sich dazu, das Unternehmen zu verlassen, obwohl man doch eigentlich auf sie bauen will. Solche Zeichen gilt es durch offene und klare Kommunikation ernst zu nehmen und gezielt anzusprechen. Werden die betroffenen Mitarbeiter konkret adressiert, erhalten sie Orientierung und werden in den Prozess eingebunden. Damit sind Interim Manager als bewährte Motivatoren bestens vertraut, da sie unabhängig und ohne Seilschaften agieren können. 

Was hat das größere Gewicht während eines M&A-Mandats: Projektmanagement-Know-how, Verhandlungsgeschick oder der Umgang mit den betroffenen Beschäftigten?

Interim Manager werden meist in schwierigen Situationen geholt, wenn eine Transaktion nicht wie erwartet läuft oder ein unabhängiger Dritte benötigt wird, der moderieren und entscheiden soll. Nach meiner Erfahrung sind Führungsstärke und menschliche Kompetenz in herausfordernden Situationen entscheidende Skills. Ein klarer Kommunikationsplan und fairer Umgang mit den betroffenen Mitarbeitern sind wesentlich besser als bloßes Taktieren. Die Schlüsselpersonen sollten rasch involviert und Teil der Taskforce werden, um gemeinsam mit dem Interim Manager den Carve-out zum Erfolg zu führen.

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